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Hallo, ich heiße Oliver und bin ein Language Specialist für das Gengo-Sprachenpaar EN-DE. Ich möchte über die nächsten Monate in lockerer Folge auf Dinge eingehen, die mir bei GoCheck-Überprüfungen auffallen. Ich hoffe, damit Anregungen und Hilfestellungen bieten zu können.

Die bisherigen Artikel in dieser Reihe:

Teil 1 – Einige grundsätzliche Aspekte des Übersetzens

Teil 2 – Kleinigkeiten mit großer Wirkung

Teil 3 – Die Suche nach dem Sinn

Teil 4 – Von Punkten und Strichen

Teil 5 – Ungleiche Geschwister

Teil 6 – Englisch, Deutsch und Fachchinesisch

Teil 7 – Eine Frage des Gefühls

Teil 8 – Wie konnte das passieren?

Teil 9 – Beziehungsprobleme

Teil 10 – Ein Blick in Nachbars Garten

Teil 11 – Kann das so bleiben?

Teil 12 – Traue dem Autopiloten nicht

In diesem Teil nun soll es gewissermaßen um Mikro-Stolperfallen gehen. Bisweilen sind es ja völlig unscheinbare Kleinigkeiten, denen ein Potential für besonders hinterlistige Ärgernisse innewohnt. Das weiß vermutlich jeder, der schon einmal nachts aus dem Bett aufgestanden ist, nur um dann im Dunkeln mit dem nackten Fuß auf einen vergessenen Legostein zu treten. Die immateriellen Bausteine, mit denen wir es als Übersetzer zu tun haben, können zwar keine keine vergleichbaren physischen Schmerzen hervorrufen, sind aber oftmals nicht weniger tückisch. Und ganz besonders gilt das für die Typographie mit ihren unzähligen Fußangeln.

Sehen wir uns etwa dieses Beispiel an:

EN-Ausgangstext: Well I hadn’t really considered -- do you remember it?
DE-Übersetzung: Daran hatte ich gar nicht gedacht -- erinnerst du dich daran?
Korrektur: Daran hatte ich gar nicht gedacht – erinnerst du dich daran?

Dass zwei direkt aufeinanderfolgende Kurzstriche (meist als Bindestriche verwendet) anstelle des längeren Halbgeviertstrichs gesetzt werden, um einen Gedankenstrich darzustellen, sieht man im Englischen gelegentlich – ob es als korrekt gilt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Im Deutschen hingegen ist es ganz gewiss nicht richtig.

Erheblich häufiger stößt man auf einen sehr speziellen Problemkandidaten:

EN-Ausgangstext: The #1 among the streaming apps
DE-Übersetzung: Die #1 unter den Streaming-Apps
Korrektur: Die Nummer 1 unter den Streaming-Apps

Das Rautenzeichen ist dank seiner Präsenz in Hashtags allgemein bekannt geworden. Im Englischen wird es auch sehr oft als Symbol für "Nummer" verwendet. Doch seiner Verwendung im Deutschen sind äußerst enge Grenzen gesetzt – der Duden betrachtet das Rautensymbol nicht einmal als Schriftzeichen, für das irgendein regulärer Einsatz in Texten vorgesehen ist, nur in der EDV und in mathematischen Formeln wird dem Doppelkreuz eine karge Existenzberechtigung zugebilligt. Auch wenn die Raute noch so sehr von der Atmosphäre einer dynamischen Online-Welt umgeben zu sein scheint, ist sie doch in Übersetzungen meist fehl am Platz.

Die ewigen Klassiker unter den typographischen Fallstricken bei Übersetzungen sind wohl die Anführungszeichen.

EN-Ausgangstext: New offers will be available only through “modern” channels.
DE-Übersetzung: Neue Angebote werden nur über “moderne” Kanäle verfügbar sein.
Korrektur: Neue Angebote werden nur über „moderne“ Kanäle verfügbar sein.

Im Englischen wie auch im Deutschen gibt es sogenannte "typographische", angeschrägte Anführungszeichen. Nur sehen sie in beiden Sprachen unterschiedlich aus – sowohl jene, die am Anfang stehen, als auch die abschließenden. Die englischen Anführungszeichen existieren im deutschen Regelwerk nicht einmal, daher darf man sie auch nicht unverändert übernehmen. Dass genau das in Übersetzungen erstaunlich oft geschieht, hängt vermutlich damit zusammen, dass selbst auf den zweiten Blick die typographischen englischen Anführungszeichen (“ … ”) leicht mit geraden Anführungszeichen im Schreibmaschinen-Stil (" … ") verwechselt werden können. Deren Verwendung ist übrigens nicht verkehrt – zumindest den Buchstaben der Zeichensetzungsregeln nach. Wann immer ein Text mit einer Tastatur geschrieben wird, dürfen die geraden Anführungszeichen, die sowohl am Anfang wie auch am Ende hochgestellt sind, zum Einsatz kommen. Diese Regel stammt jedoch noch aus der Zeit der Schreibmaschinen, die nur über eine einzige Anführungszeichen-Taste verfügten. Durch die automatische Ersetzung von Anführungszeichen in Textverarbeitungsprogrammen ist sie zwar eigentlich obsolet, abgeschafft wurde sie aber noch nicht.

Recht häufig begegne ich in Übersetzungen auch Fällen, in denen deutsche typographische Anführungszeichen und gerade Schreibmaschinen-Anführungszeichen gemischt verwendet werden, etwa „auf diese Weise". Von diesem Irrweg sollte man auch gebührenden Abstand halten.

Es gäbe noch mehr erwähnenswerte Beispiele aus diesem Themenkreis. Die Typographie ist ein wahres Minenfeld, gespickt mit unzähligen komplexen Regeln. Nun erwartet allerdings niemand von einem Übersetzer, dass er ein Experte für dieses verwirrende Gebiet sein muss. Um den Tritt auf die meisten typographischen Legosteine zu vermeiden, reicht es schon aus, sich einige Grundregeln zu verinnerlichen. Und wenn man mit einem Textverarbeitungsprogramm arbeitet, empfiehlt sich ein Blick in die Optionen, die oft umfangreiche Möglichkeiten zum automatischen Ersetzen oder Ändern von Zeichen bieten.

Ich hoffe, diese Überlegungen erweisen sich als hilfreich oder anregend – und Kommentare sind mir natürlich sehr willkommen.

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